ELEMENTS Chemcast | MACBETH

Shownotes

Im „ELEMENTS Chemcast“ machen wir ein Projekt von Evonik zum Hörerlebnis. Gastgeberin Nadine Albach spricht mit einem ELEMENTS-Redakteur über aktuelle Forschungs-Vorhaben, unterstützt durch Experten-Stimmen aus den Projekten.

Zum Auftakt berichtet Redakteur Bernd Kaltwasser vom Projekt MACBETH: Er hat den Aufbau der Demonstrationsanlage für eine neue Reaktor-Technologie im Chemiepark Marl begleitet. Prof. Robert Franke, Fachmann für Prozessentwicklungen in der Katalyse, schildert ihm, wie sein Team mit dieser Technik wichtige chemische Reaktionen deutlich energieeffizienter machen könnte. Besteht das Projekt den Praxistest, wäre das ein großer Durchbruch für die chemische Industrie.

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Robert Franke: Jetzt hier zu sehen, wie das Modul mittels des Kranes in die Produktionsanlage eingebaut wird, das ist schon ein unbeschreiblich positives Gefühl, denn als Industrieforscher ist ja das ultimative Ziel, dass man etwas in Stahl und Eisen gießt.

Nadine Albach: Mensch, das klingt als wäre da jemand so richtig glücklich

Bernd Kaltwasser: Das kann man richtig hören, nicht wahr? Denjenigen, den Du da hörst, das ist der Robert Franke, der leitet bei Evonik die Oxo-Forschung und der hat auch allen Grund, wirklich glücklich zu sein. Du musst Dir vorstellen, als wir die Aufnahme gemacht haben, standen wir nämlich gemeinsam im Chemiepark Marl und haben zugesehen, wie eine Demo-Anlage in eine bestehende Anlage integriert wird. Und damit das passieren konnte, hat Professor Franke ganz viele Jahre lang geforscht, und da ist natürlich klar, dass man richtig hört, wie stolz er ist.

NA: Das klingt ziemlich beeindruckend und ich kann mir vorstellen, du hast noch jede Menge mehr dazu zu erzählen. Aber bevor du loslegen darfst, erklären wir vielleicht erstmal, wen und was ihr hier gerade hört. Ihr hört nämlich den Evonik Elements Chemcast, den Podcast des Forschungsmagazins Elements von Evonik. Ich bin euer Host Nadine Albach und ich hab mir heute als Gast eingeladen, meinen Kollegen aus der Kommunikation nämlich...

NA:

BK: Bernd Kaltwasser. Ich betreue in der externen Kommunikation die Nachhaltigkeit.

BK:

NA: Das ist schon mal ein kleiner Hinweis. Also erzähl doch mal genauer, was hast du uns denn da für eine Geschichte mitgebracht?

NA:

BK: Na ja, ich könnte das erzählen, aber ehrlicherweise der Professor Franke, der da viele Jahre Lebenszeit investiert hat, der kann das viel besser als ich.

BK:

RF: Dass wir in der chemischen Industrie zu noch nachhaltigeren Prozessen kommen wollen, das ist unser ganz großes Thema. Wir brauchen für die Zukunft ressourcensparende Prozesse. Das Projekt MACBETH beschäftigt sich mit einer neuen Prozessvariante für eine Reaktion, die wir bei Evonik schon sehr lange betreiben auf einer sehr großen Skala, also wir machen da hunderttausende von Tonnen Produkt mit dieser Reaktion.

RF:

NA: Es geht also um Nachhaltigkeit.

NA:

BK: Genau richtig: im Projekt MACBETH geht es um Nachhaltigkeit. MACBETH, das steht übrigens für Membranes and Catalysts Beyond Economic and Technological Hurdles.

BK:

NA: Gut ausgesprochen.

NA:

BK: Ja, ist nicht einfach. Das Tolle an dem Projekt ist, dass denen gelungen ist, in einem ganz wichtigen Prozess zwei Schritte, die bisher getrennt waren, zusammenzuführen. Und das spart natürlich Ressourcen, Energie, verringert Treibhausgasemissionen und hilft so, das Klima zu schützen. Übrigens, die hatten auch ein Vorgängerprojekt, das hatte den romantischen Namen ROMEO.

BK:

NA: Ok,Ok. Bevor ich jetzt weiter nachfrage, ist mir doch jetzt irgendwie etwas aufgefallen auf dem Weg bis hierhin. Dafür habe ich jetzt mal einen O-Ton für dich mitgebracht.

NA:

Zitat: Is this a dagger which I see before me, the handle toward my hand?

Zitat:

BK: Du meinst die ganzen Shakespeare-Dramen?

BK:

NA: Mensch, wie kommst du da bloß drauf? Genau. Also ROMEO, MACBETH… Was hat es denn damit auf sich?

NA:

BK: Naja, vordergründig merkt man natürlich, dass da offenbar ein Fan des berühmten Dramatikers am Werk ist. Dass das mit dem Projektnamen aber auch echt einen ernsten Hintergrund hat, dass man sich die so leicht merken kann, das kann Dir Professor Franke besser erklären.

BK:

RF: Gerade wenn man öffentlich geförderte Projekte hat, braucht man einen Namen, der das Projekt in plakativer Weise repräsentiert. Und das kam so ein klein wenig daher, dass ich öfter von Aufenthalten in Stratford berichtet hatte während meines Sommerurlaubs, wo ich als großer Shakespeare-Fan dann entsprechende Aufführungen angeschaut habe und eben darüber dann berichtet habe und das hat das Team dann so ein bisschen inspiriert in dieser Richtung Namen zu entwickeln.

NA: Ja, das ist ja dann auch irgendwie kreativ und aber auch nützlich. Ich hoffe natürlich, dass das Ganze doch weniger blutig ausgeht als bei Shakespeares Dramen. Jetzt, hatte der Professor Franke ja großtechnische Reaktionen erwähnt, um die es geht. Welche denn genau?

NA:

BK: Es geht um die Hydroformulierung. Aber was das genau ist, kann der Experte besser erklären.

BK:

RF: Die Hydroformylierung ist eine der wichtigsten Reaktionen in der industriellen organischen Chemie. Das ist die Umsetzung von Olefinen mit Synthesegas zu Aldehyden. Aus diesen Aldehyden stellen wir danach dann Alkohole her und diese Alkohole sind sehr wichtige Produkte für eine Vielzahl von Anwendungen.

RF:

BK: Mit den Aldehyden selber lässt sich gar nicht so viel anfangen, aber als Ausgangsstoff für weitere Reaktionen sind die so vielseitig, dass weltweit jährlich 12.000.000 Tonnen davon hergestellt werden.

BK:

NA: Das ist eine ganze Menge und das passiert also auch in Marl?

NA:

BK: Richtig, in Marl stellen wir in der sogenannten Oxo-Anlage aus Aldehyden Alkohole her - und die hört sich übrigens so an.

BK:

BK: (Geräusch)

BK:

BK: Aus diesen Alkoholen entstehen dann wichtige Zwischenprodukte, die als Lösungsmittel in der Waschmittelherstellung oder der Kosmetik dienen oder in der Medikamentenproduktion genutzt werden oder die als Weichmacher von Kunststoffen zum Einsatz kommen.

BK:

NA: OK, da sind ganz schön viele Oders, also ein richtig breiter Verwendungszweck. Das bedeutet natürlich auch, dass der Hebel für Nachhaltigkeit entsprechend groß ist. Und was genau will Franke jetzt verändern?

NA:

BK: Professor Franke hat mit seinem Team einen Weg gefunden, den Produktionsprozess zu vereinfachen. Aus zwei getrennten Schritten, der Synthese des Zielmoleküls und der Produktabtrennung machen die in einem neuen Verfahren einen gemeinsamen Schritt.

BK:

NA: Logisch, kann man nachvollziehen, dass das auf jeden Fall etwas spart. Wieviel denn eigentlich?

NA:

BK: Das wollen sie natürlich in der Demo-Anlage rausfinden. Aber im Labor haben die gezeigt, dass 35% CO2-Einsparung und 70% weniger Energie schon drin sein könnten.

BK:

NA: Das sind natürlich beeindruckende Zahlen. Und das Ganze wollen sie jetzt im größeren Maßstab ausprobieren?

NA:

BK: Genau. Die Demo-Anlage ist ungefähr 500mal größer als das, was sie im Labor getestet haben. Die Anlage haben die in einer großen Werkstatthalle vormontiert, getestet und dann an den finalen Aufstellort transportiert. Das hörst du ja im Hintergrund, wie viele Gewerke da auch zusammenkommen.

BK:

NA: Wie sah das denn so aus in der Werkstatt? Wie kann man sich das vorstellen?

NA:

BK: Na ja, das waren jeweils ganz große Stahlgerüste, so Seecontainer-groß, sag ich mal, und in diesen Gerüsten hingen die komplette Anlage. Und als die die transportieren wollten die Anlage, mussten sie die noch mal zerlegen und dann an einen großen Kran hängen. Zum Ausgang von der Werkstatthalle fahren, auf einen Tieflader legen, da war also richtig Aufwand dahinter und da waren einfach ganz viele Hände beteiligt und haben das wirklich ganz großartig innerhalb eines Tages gemacht.

BK:

NA: Klingt nach einer Menge Action, die du da miterlebt hast. Jetzt hast du den Prozess beschrieben, was da alles passiert ist an dem Tag. Aber jetzt müssen wir vielleicht doch noch mal in die Details gehen, was dieses Team da eigentlich leistet. Ein entscheidendes Stichwort bei deiner ganzen Geschichte ist ja Katalyse. Also dabei wird ja ein Stoff, ein Katalysator, in chemischen Prozessen verwendet, damit die Reaktion schneller abläuft, richtig?

NA:

BK: Ganz genau. Und im Prinzip gibt es zwei große Arten, wie das funktionieren kann. Einmal sind Katalysator, Rohstoff und Produkte alle im gleichen Zustand, zum Beispiel alle flüssig. Die Experten sprechen dann von homogener Katalyse, weil sich einfach alles vermischt hat. Da muss man hinterher noch einmal den Katalysator aus dem Produkt abtrennen. Das ist natürlich aufwendig. Der andere Fall ist die heterogene Katalyse. Als Experte für Prozessentwicklungen in der Katalyse skizziert uns Professor Franke, worum es da geht.

BK:

RF: Bei der heterogenen Katalyse liegt jetzt das System, dass die chemische Reaktion macht, in einer Phase vor, zum Beispiel in einer flüssigen Phase und der Katalysator selbst ist ein Feststoff. Jetzt habe ich den ganz großen Vorteil, dass ich in einer chemischen Anlage den Katalysator und die Reaktion praktisch schon getrennt vorliegen habe. Der Katalysator als Feststoff ist einfach da, den brauche ich nicht abtrennen, sondern die Reaktion läuft darüber und die Reaktionsprodukte und die Reaktionsprodukte kann ich dann aus der Lösung entfernen und alles ist wunderbar.

RF:

NA: Man merkt, so richtig, da ist ordentlich was los im Hintergrund bei Professor Franke. Das, was er jetzt beschrieben hat, das klingt ja erstmal irgendwie ganz schön naheliegend, warum hat das denn bisher keiner gemacht?

NA:

BK: In der Spezialchemie ist das häufig so. Die erste Idee erscheint naheliegend, aber wenn du das wirklich in Stahl und Eisen gießen willst, wie der Professor Franke das so schön formuliert hat, dann merkst eben der Teufel steckt doch im Detail. Und deswegen hat sich ja allein Evonik schon über viele Jahre an mehreren Projekten beteiligt, um genau solche harten Nüsse zu knacken. Und welche Herausforderungen die in dem Projekt konkret gemeistert haben, das erklärt euch natürlich der Experte.

BK:

RF: Wir haben zum einen ein ganz spezielles Verfahren wie wir den Katalysator, den homogenen Katalysator, der eben sonst in der Lösung sich befindet, wie wir den praktisch fixieren. Wie wir den an einen festen Stoff anbinden. Das ist also ein Element unserer Technologie und ein weiteres Element unserer Technologie ist dann noch der Reaktor selber, der muss nämlich immer zum Katalysator maßgeschneidert passen. Und da haben wir auch eine besondere Technologie entwickelt, wie wir das dann ausführen.

RF:

NA: Maßschneidern ist also so ein Stichwort hier. Jetzt stelle ich mir das immer ganz gerne bildlich vor und du warst ja vor Ort. Beschreib doch mal, wie sieht denn dieser Reaktor aus?

NA:

BK: Der Reaktor selber von außen sieht erstmal aus wie ein großer Stahlzylinder. Da siehst du nicht viel, da gehen ein paar Leitungen rein, ein paar Leitungen gehen raus, aber insgesamt wirkt das erstmal unspektakulär ehrlicherweise. Wenn du das dann aufschraubst, siehst du in dem Stahlzylinder ist Platz für ganz viele Stangen und die Stangen, die da reinkommen, das sind die eigentlichen Herzstücke von der Anlage. Mehr als 50 Stück, jede über einen Meter lang, jeweils so dick wie ein Besenstiel und gemacht aus Siliziumkarbid. Und da passiert dann wirklich die Magie sozusagen, und aus den Edukten werden die Produkte.

BK:

NA: Magie, schönes Stichwort. Meistens braucht man ja mindestens einen Assistenten, um gut zaubern zu können. Der Professor Franke, der hat das doch wahrscheinlich nicht alles alleine gezaubert?

NA:

BK: Das stimmt. Forschung ist immer Teamarbeit. Und in diesem Fall waren das zehn Jahre Teamarbeit von dem Professor Franke und all seinen Mitstreitern. Das war ein Riesenprojekt. Der letzte Projektschritt, da haben 27 Partner aus zehn Ländern von 2019 bis 2024 in vier Teilprojekten an acht Arbeitspaketen gearbeitet. Und weil das so eine wichtige Entwicklung ist, hat die EU-Kommission gesagt: Wir fördern das Projekt, geben da insgesamt 20,7 Millionen Euro zu aus unserem Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020. Und die Gesamtkoordination von MACBETH, die lag dann auch bei Evonik.

BK:

NA: OK, also ziemlich viele Fakten und Informationen, die du jetzt geliefert hast. Wer hat denn da alles mitgewirkt?

NA:

BK: Das war ein unglaublich großes Team mit vielen unterschiedlichen Disziplinen, die da beteiligt waren. Und was mich erstaunt hat, die haben teilweise schon seit vielen Jahren an diesem Projekt gearbeitet gemeinsam, sich aber tatsächlich an dem Tag, wo die Demo-Anlage aufgestellt wurde, das erste Mal live und in Farbe gesehen.

BK:

NA: Also auch in der Hinsicht so ein richtiges Event für die.

NA:

BK: Auf jeden Fall. Aber auch minutiös geplant, muss ich sagen. Allein der Ablaufplan, wie denn das Aufstellen und das Bauen von dieser Demoanlage funktionieren soll, der hat 711 Schritte umfasst.

BK:

NA: Meine Herren, da muss man erstmal den Überblick behalten.

NA:

BK: Geplant hat das übrigens die Maren Wagner, die für die Ingenieurarbeiten zuständig ist und die mir dann auch vor Ort noch mal erzählt hat wieviel da wirklich dahintersteckte.

BK:

Maren Wagner: Insgesamt haben zirka 15 Planer ein Jahr jetzt an der Durchführung dieses Projektes gearbeitet. Aus ganz vielen Fachdisziplinen, mit eigener Expertise und einem eigenen Wissen und haben gut zusammengearbeitet und kommuniziert, um dieses, ja, Gesamtkunstwerk auf die Beine zu stellen.

Maren Wagner:

BK: Ich war vor Ort und habe mir dieses Gesamtkunstwerk angeschaut. Und der Verfahrensingenieur Thomas Diehl hat mir erklärt, wie genau das Vorgehen an dem Tag war.

BK:

Thomas Diehl: Die Pilotanlage besteht ja im Prinzip aus drei verschiedenen Modulen. Und die Module werden jetzt hier einzeln in die Anlage reingehoben, zusammengeschraubt und dann in den industriellen Produktionsprozess eingebunden, in einen Seitenstrom.

Thomas Diehl:

NA: Okay der Tom, der sagt das jetzt so ganz nüchtern, aber du hast ja am Anfang schon erzählt, dass diese Teile irgendwie so groß sind wie Seecontainer, das ist ja jetzt mal nicht gerade klein. Jetzt werden die da auch gehoben in so eine Anlage, wahrscheinlich mit einem Kran. Das war wahrscheinlich ziemlich beeindruckend.

NA:

BK: Auf jeden Fall. Du musst dir vorstellen, da stehen zwei riesengroße Autokrane und dann nehmen die diese grünen Monster, sag ich mal, 7,50 Meter lang, 6 Meter breit, tonnenschwer, an Haken, heben die bis ganz nach oben. Und am Ende des Tages stehen diese riesigen Teile wirklich auf den Millimeter genau da, wo sie stehen sollen.

BK:

NA: Cool, also kriegt man ja schon von der Beschreibung ein bisschen Gänsehaut. Ich bin neidisch, dass du es in echt gesehen hast. Aber cool, dass du es mitgebracht hast und uns so beschrieben hast. Die wichtigste Frage natürlich zum Schluss, am Ende dieser Reise, wie geht es denn jetzt eigentlich weiter mit dem Projekt?

NA:

BK: Das hab ich den Professor Franke natürlich auch gefragt und ich finde, dem soll mal das letzte Wort gehören.

BK:

NA: Das machen wir jetzt auch. Herzlichen Dank, Bernd.

NA:

BK: Gerne, Nadine. Beim nächsten spannenden Thema komme ich wieder.

BK:

RF: Unser Ziel ist es nun, nach erfolgreichem Anfahren des Demonstrators in den nächsten Jahren die technische Machbarkeit und das ökonomische Potenzial der MACBETH-Technologie zu zeigen. Sollte uns das gelingen, dann hätten wir einen großen Technologiesprung in der chemischen Industrie vorbereitet.

RF:

RF: Evonik leading beyon chemistry.

RF:

RF: